Unser wichtigstes Sinnesorgan ist das Auge; mit ihm nehmen wir unsere Umgebung direkt wahr. Unsere Augen registrieren das Licht, das von natürlichen und künstlichen Lichtquellen ausgesandt oder von beleuchteten Objekten reflektiert wird. Die Wechselwirkung von Licht und Materie ist also grundlegend für unsere Wahrnehmung der Welt.
Wir sehen die Welt farbig. Offenbar reflektieren und absorbieren verschiedene Objekte das Licht unterschiedlich. Farben erweitern unsere Möglichkeiten zur Beschreibung und dem Verständnis unserer Umwelt. Auch Lichtquellen können unterschiedlich farbiges Licht aussenden. Wovon hängt es ab, welche Farbe eine Lichtquelle hat oder wie wir ein Material mit unserem Sehsinn wahrnehmen?
Die Spektrometrie macht die Wahrnehmung des menschlichen Auges quantifizierbar und stellt so den Zusammenhang zwischen Farben und Wellenlängen bzw. Helligkeit und Intensität her. Sie ermöglicht so, die Absorption und Reflexion von Licht von Materie bzw. die Emission von Licht zu messen. So kann die Beschaffenheit und Zusammensetzung von Objekten ermittelt werden, wie z.B. feste Körper, Flüssigkeiten, Gase, Sterne usw. Somit ist die Spektrometrie nicht nur für die Physik und Astronomie eine sehr wichtige Technik, sondern sie ist eine - wenn nicht sogar die - zentrale Methode der Naturwissenschaften.
Die Grundlagen zur Beschreibung der Wechselwirkung von Licht und Materie wurden schon in der Antike gelegt: Der griechische Philosoph Empedokles (um 495 v. Chr. bis ca. 435 v. Chr.) postulierte als erster vier Grundfarben (weiß, schwarz, rot, ockergelb), die er den vier damals bekannten Elementen zuordnete. Auch in den folgenden Jahrhunderten wurden weitere Erklärungen zur Farbigkeit der Welt von Gelehrten verschiedenster Profession entworfen. Im Jahr 1704 stellte Isaac Newton nach jahrzehntelanger Arbeit sein Werk „Opticks“ vor, in dem er die Zerlegung des weißen Lichtes in seine Spektralfarben beschrieb (Abb. rechts). Auch Johann Wolfgang von Goethe versuchte in seiner Schrift „Zur Farbenlehre“ (1810), die Welt der Farben zu erklären, indem er – ähnlich wie die antiken Philosophen - eine Dualität von Komplementärfarben und von Licht und Dunkelheit postulierte. Er hielt seine Farbenlehre für eine größere Leistung als sein schriftstellerisches Schaffen, obwohl sie bereits damals als Gegenentwurf zu Newtons Erkenntnissen sehr umstritten und - wie sich kurze Zeit später herausstellte - größtenteils naturwissenschaftlich falsch war (allerdings werden seine Ausführungen zur psychologischen Wirkung von Farben auch heute noch bei der farblichen Gestaltung von Räumen beachtet - auch bezüglich der Farbtemperatur von Leuchtmitteln).
Wilhelm Herschel entdeckte schließlich im Jahre 1800 im per Prisma erzeugten Sonnenspektrum die Infrarotstrahlung, Johann Wilhelm Ritter im Folgejahr mit einem ähnlichen Versuch das Ultraviolett auf der anderen Seite des sichtbaren Spektrums (womit er scheinbar die Dualität der Goethe‘schen Farbenlehre betätigte). Niels Bohr war der erste, der mit seinem Atommodell im Jahr 1913 die Absorption und Emission von Licht in der Elektronenhülle zumindest einfacher Elemente wie Wasserstoff quantitativ beschreiben konnte. Die von ihm postulierten elektronischen Übergänge werden prinzipiell auch im heute gültigen quantenmechanischen Orbitalmodell der Atomhülle verwendet.
In diesem Kapitel wird das Licht aus künstlichen und natürlichen Quellen sowohl von Haushaltsleuchtmitteln als auch Spektrallampen und der Sonne untersucht. Ferner wird verdeutlicht, wie man mit Hilfe der Spektrometrie Elemente identifizieren und in Molekülen und Gemischen aufspüren kann. Ein vereinfachtes Atommodell stellt den Zusammenhang von Übergängen in der Elektronenhülle und der Absorption und Emission von Licht verschiedener Farben bzw. Wellenlängen dar. Exkurse zur elektronischen Struktur vielatomiger Systeme und zum lichtgetriebenen Prozess der Photosynthese runden das Kapitel ab.
Von links nach rechts: Isaac Newton, Wilhelm Herschel, Johann Wilhelm Ritter, Niels Bohr
Zentrale Experimente Physik GOSt


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